Die Magie des Polarlichts
mit Worten nicht zu beschreiben
mit der Kamera nicht einzufangen
mit Staunen nicht zu beschreiben
der immerwährende Wunsch
nach wieder und mehr

 Daniela Dorner – Astronomin und Autorin

68°48´ und viele eindrucksvolle Sekunden
Zu den Polarlichtern nach Lappland

Die ersten Planungen hierzu liefen erst etwa zwei Monate zuvor an. Georg und Daniela, meine beiden Kumpanen, erfuhren eher zufällig davon, dass ich eine Reise in den Norden plante und sagten kurz darauf hin auch zu. Somit waren wir dann zu dritt, um der Polarlichter wegen nach Finnisch-Lappland zu reisen. Unser Aufenthalt dort dauerte vom 15. November bis einschließlich 27. November.

Die Anreise ging für uns recht zügig über die Bühne. Von Frankfurt bzw. von München aus, flogen wir über Helsinki nach Ivalo, dem nördlichsten Flughafen Finnlands. Dieser liegt ca. 250 km nördlich des Polarkreises, genauer gesagt auf 68° 36´ 30″ nördlicher Breite. Nachdem wir unser Mietauto übernommen hatten, ging es in Richtung Unterkunft. Auf dem Weg dorthin legten wir in Ivalo einen Zwischenstopp ein, um uns im Supermarkt mit Proviant einzudecken. Von Ivalo aus waren es dann noch ca. 30 km bis zu unserem Blockhaus. Dank des Navis hatten wir uns nicht allzu oft verfahren. Die Landschaft scheint mit seinen schier endlosen Wäldern im ersten Moment überall gleich auszusehen. Georg hatte sich die Kilometerstände notiert, um sich anhand derer orientieren zu können. Als wir die Hütte endlich gefunden hatten, stellte sich uns das Problem mit dem Schlüssel. Dieser sollte sich laut Beschreibung in einem Schlüsselfach befinden, jedoch gab es hierfür leider keinen Code. Glücklicherweise kontaktiere uns just in diesem Moment die Hausverwaltung und erklärte uns wo der Schlüssel versteckt war. Das Problem war dann damit auch schnell erledigt. Erstaunlicher Weise gab es selbst im finnischen Nirgendwo noch erstaunlich guten Empfang.

Unsere Unterkunft für die nächsten Tage

Das Blockhaus, welches wir für die kommenden Tage nutzten, lag unmittelbar am Inarijärvi, einem der größten Seen Europas. Mit seinen über 3000 Inseln sieht der See gar nicht mal so groß aus, da der Blick ständig auf eine der Inseln trifft. Die Gegend dort ist mit 0,5 Einwohner/km² nur sehr dünn besiedelt. Dementsprechend gering ist dort auch die Lichtverschmutzung. Es gibt zwar entlang des Ufers einige Häuser, jedoch waren davon zu dieser Zeit nur wenige bewohnt. Landschaftlich gab es vor allem eines zu sehen: Wald! Sehr viel Wald! Von unserem Hausberg aus konnte man die Gegend ganz gut überblicken. Dort oben hatten wir es absolut ruhig. Bis auf ein paar Flugzeuge war dort oben fast nichts menschliches zu hören. Daran mussten wir uns auch erst mal gewöhnen. Die russische Grenze war mit 25 km Entferunung nur einen Steinwurf entfernt.

Den Inari-See direkt vor der Haustür

Unser Haus war sehr komfortabel eingerichtet und hatte natürlich eine Sauna. Sonst wäre es wohl im finnischen Sinne gar kein Haus gewesen. Platz hatten wir zu Genüge. Gerne hätten wir daher noch jemanden mitgenommen. Wenn wir nicht gerade bis Mittag in den Betten lagen, konnten wir vom Sofa aus den verschneiten See im Auge behalten. Da wir zwischenzeitlich Temperaturen von unter -20°C hatten, wurde der Kamin ausgiebig genutzt. Und nachdem das Holz für uns nichts gekostet hat, haben wir auch dementsprechend geheizt 😉 . Lieber erstickt als erfroren! Die Küche war ebenfalls gut ausgestattet. Wie daheim… Irgendwann entdeckten wir dann auch die finnischen Schlager-CDs im Wohnzimmerregal. Dieses Blockhaus sollte also für uns bei warmen Temperaturen und noch wämerer Suppe unser Lager für die nächsten Tage sein.

Unser Blockhaus von innen

Bereits am zweiten Abend unseres Aufenthaltes in Finnland hatten wir Glück mit dem Wetter. Der Himmel wurde im Laufe der Dämmerung zunehmend klar, sodass wir uns und unsere Technik auf die anstehende Nacht vorbereiteten. Um nach dem Polarlichtern Ausschau zu halten bzw. um an meiner Kamera verschiedene Einstellungen auszuprobieren, ging ich allein vor das Haus. Nach kurzer Zeit hatte ich sogar das erste grüne glimmen auf den Aufnahmen festhalten können.

Die erste fotografische Sichtung des Polarlichts

Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, um den anderen ganz trocken zu sagen, dass ich das Polarlicht fotografisch nachweisen konnte, wurde plötzlich die verschneite Landschaft taghell erleuchtet. Ein sehr helles, flackerndes Licht zog über den Himmel und wechselte dabei ständig die Farben (Weiß, Blau, Gelb, Orange). Ganz verwundert standen wir nun da. Noch während wir uns ungläubig über das gerade Gesehene unterhielten, tat es einen deutlich hörbaren Schlag. Es hörte sich wie dumpfes Geschützfeuer an, welches zweimal unmittelbar hintereinander abgegeben wurde. Wir öffneten schnell die Tür zur Terrasse hin, um den nachfolgenden Grollen zu lauschen. Sehr beeindrucken!
Nach kurzer Recherche im Internet stellte sich später heraus, dass um 18:40 Uhr (Lokale Zeit) ein großer Meteor niederging. Selbst aus dem rund 300 km entfernten Murmansk gab es hierzu Berichte und Videoaufzeichnungen. Die Videos dazu sind bei Youtube aufrufbar:
https://www.youtube.com/watch?v=3N47VB8MrzU
https://www.youtube.com/watch?v=-igmFwUEwVQ

Nach diesem fulminanten Startschuss ging es für uns erst mal nach draußen. Die Aufregung war groß, denn alle Zeichen standen auf Start. Was uns wohl die kommenden Nächte bringen würden? Wir wussten es nicht und fieberten deshalb um so mehr dem Polarlicht entgegen. Unser Kameras wurden zügig an verschiedenen Standpuntken in unmittelbarer Nähe zum Blockhaus aufgebaut. Noch während des Aufbaus wurden die ersten Polarlichter visuell deutlich sichtbar. Zuerst konnte man diese direkt im Norden am Horizont beobachten. Im Laufe des Abends zogen diese dann immer höher und spannten sich teilweise bis über den Zenit hinweg über den Himmel.

Einer von vielen Polarlichtbögen, denen wir während unserer Reise begegnet sind

Während unserer Reise war die Aktivität bzw. das Erscheinungsbild der Polarlichter sehr unterschiedlich ausgeprägt. Manchmal war das Polarlicht so schwach und diffus, sodass wir dieses für Zirren hielten. Die meiste Zeit aber konnten wir es deutlich am Himmel erkennen. Hierbei war es meistens so, dass die Polarlichter an der Unterkante scharf begrenzt waren. Nach oben hin liefen diese diffus aus. Immer wieder konnten wir Beamer erkennen. Teilweise ragten sie aus aus Polarlichtbögen heraus. Manchmal waren sie auch frei am Himmel sichtbar. Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie die Beamer an einer Stelle zügig verschwanden, um an einer anderen Stelle am Himmel wieder zu erscheinen. Man hatte den Eindruck, also ob am Himmel lauter Palisaden stünden. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Polarlicht veränderte, war ebenfalls sehr unterschiedlich.

Mehrmals konnten wir bei starker Aktivität beobachten, wie das Polarlicht zeitgleich in Nordost und Nordwest wie eine träge Flamme in Richtung Zenit wuchs. Die Veränderungen gingen sehr schnell vonstatten, weshalb ich die Belichtungszeiten stark reduzieren musste. Alles in allem hatte es etwas von einem Kaminfeuer.

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Als der Bogen geschlossen war, konnten wir am Himmel ein wahres Feuerwerk erleben. Die Helligkeit sprang hierbei enorm an, sodass die Landschaft hell erleuchtet war. Man hätte problemlos die kleineren Überschriften einer Zeitung erkennen können. In leichten Grün- und Rottönen tanzte das Polarlicht über den Himmel. Um nichts zu verpassen, war der Kopf stets in Richtung Zenit geneigt. War das Feuerwerk an einem Bereich im Himmel gerade zu Ende gegangen, ging es in in einem anderen Bereich am Himmel direkt wieder weiter. Oftmals befanden wir uns direkt unter dem Polarlicht. Zweitweise reichte das Polarlicht bis auf 30° über den südlichen Horizont herab, sodass selbst das Sternbild Orion vom Nordlicht umgeben war.

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Auf eingigen Aufnahmen konnten wir sogar einen SAR-Bogen festhalten.

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Vom Steg aus hatte man einen guten Blick auf den See, das dazugehörige Ufer und unsere Unterkunft, sodass wir genügend Vordergrundmotive zur Auswahl hatten. Die nahegelegene Straße gab ebenfalls eine gute Möglichkeiten ab, um die Kamera aufzustellen. Die Belichtungszeiten variierten bei meinen Aufnahmen sehr stark. Bei sehr hellen Polarlichtern habe ich zeitweise mit einer Belichtungszeit von einer 1/3 Sekunde gearbeitet. Bei schwachen Polarlichtern waren es dafür auch mal acht bis zehn Sekunden. Die ISO-Werte variierten zwischen 4000 und 8000. Das 16 mm Objektiv kam an meiner Nikon D750 standartmäßig zum Einsatz. Ein Fischauge mit 8 mm wäre noch eine hervorragende Ergänzung gewesen. Der Akku ließ mich selbst bei -20°C nicht im Stich. Eher ging ich mit tauben Fingern in die Knie. Die Tauheizung, welche ich zusammen mit der Powerbank betrieben hatte, erwies mir sehr gute Dienste. Auch sonst hatte ich technisch gesehen keine Probleme. Sowohl was den Umgang bei den extremen Temperaturen angeht, als auch die Bedienung der Kamera in der Dunkelheit.

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Dier Inaji-See war ein Motiv für sich. Im Laufe der Tage fror dieser zügig zu, sodass der darauf fallende Schnee liegen blieb. Wenn das Polarlicht sehr stark war, schien der Schnee zu leuchten. Das Eis muss unter enormen Spannungen gestanden haben, den hin und wieder konnte man dieses reißen hören. Es hörte sich an wie reißende Stahltrossen, welche die nächtliche Ruhe zerschnitten, wobei sich das Fortschreiten des Risses akkustisch nachverfolgen ließ.

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Um ausgekühlt möglichst schnell wieder zu Kräften zu kommen, hatte wir oft einen Topf mit Kartoffel-Lachs-Suppe auf dem Herd stehen. Das Licht im Haus war auf ein minimum gedimmt, um die dunkeladaption so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Nach einem zehnminütigem Boxenstop im Blockhaus ging es wieder mit vollem Elan in die Kälte hinaus. Zum Ende der Beobachungsnächte hin, ging es für uns nochmal in die Sauna, um die Kälte aus unseren Körpern zu vertreiben. In weiser Voraussicht hatten wir diese immer vor Einbruch der Dunkelheit auf 90° angeheizt. Die Schneewehen vor dem Haus luden zu einem Bad in Eiseskälte ein.

Eines abends schien das Polarlicht nicht sonderlich aktiv zu sein. Wir beschlossen daher vorzeitig in die Sauna gehen. Nach den ersten Aufgüssen ließ die Abkühlung im Schnee nicht lange auf sich warten, doch soweit sollte es nicht kommen. Als wir auf der Terasse standen, war das Polarlicht wieder in seiner vollen Pracht zu sehen. Durch unsere aufgeheizten Körper machte sich die Eiseskälte selbst bei rund -20° Celsius angenehm bemerkbar. Dampfend standen wir also da und waren in den Bann des Polarlichts gezogen. Nach einigen Minuten war der Entschluss gefasst, den Saunagang auf ein späteres zu verschieben und dafür zu beobachten bzw. zu fotografieren. Auf dem Weg ins Haus bemerkten wir, dass unsere Füße mehr oder weniger auf den Terassendielen angefroren waren. Ebenso hatten die Haare einen erstaunlich festen Griff. Um uns abzutrocknen, ging es nochmal kurz in die Sauna. Die dicken Klamotten waren rasch angezogen, sodass wir wenige Mintuten später einsatzbereit im Freien standen.

Aurora Borealis über dem Inarijärvi

 

Nachdem wir in den ersten Tagen im Bereich des Hauses ausgiebig fotografiert hatten, machte Georg den Vorschlag, den nahegelegenen Yachthafen aufzusuchen. Um keine Überraschungen zu erleben, erkundeten wir tagsüber den Hafen. Von hier aus hatten wir eine sehr gute Horizontsicht. Außerdem ergaben sich jede Menge Vordergrundmotive durch die eingefrorenen Boote und Stege. Trotz der sehr tiefen Temperaturen, hielten wir es dort in der darauf folgenden Nacht fast drei Stunden aus. Immer wieder liefen wir ein Stück, um nicht zu sehr auszukühlen. Wie auch in den Nächten zuvor, macht sich das Eis lautstark bemerkbar. Immer wieder riss lautstark das dicke Eis. Einmal riss das Eis direkt neben uns. Es war, also ob jemand eine Pistole neben uns abfeuern würde. Auf der Rückfahrt zur Unterkunft legten wir einen kurzen Halt ein, da zu diesem Zeitpunkt das Polarlicht wieder besonders stark war. Da die Kameras alle im Kofferraum blieben, hatten wir die Möglichkeit das Polarlicht intensivst mit unseren Augen zu beobachten. Leider war jedoch der Abend am Bootshafen für uns die letzte Möglichkeit die Polarlichter zu beobachten.

Yachthafen von Nangunniemen

Die darauf folgenden Tage war uns das Wetter leider nicht mehr hold. Tagsüber schien zwar bei klarem Himmel die Sonne, jedoch verwehrte uns nachts der aufkommende Hochnebel den freien Blick auf weitere Polarlichter. Wir nutzen stattdessen die kurzen Tage, um zu Fuß die Halbinsel zu erkunden. Nachdem das Eis zwischenzeitlich eine ordentliche Dicke erreicht hatte, wagten wir einen Spaziergang zur gegenüberliegenden Insel. Am 27. November stand dann auch schon wieder die Abreise an. Von Ivalo aus ging es wieder auf dem gleichen Weg zurück nach Deutschland.

Rückblickend muss ich sagen, dass das eine fantastische Reise war. Das Polarlicht ließ sich in seinen verschiedensten Variationen beobachten in in mehreren tausend Aufnahmen fotografisch festhalten. Sowohl Mensch als auch Technik sind super mit den kalten Termparaturen zurechtgekommen. Inmitten der verschneiten Landschaft konnten wir eine herrliche Unterkunft für unsere Reise nutzen, die nichts zu wünschen übrig lies. Ebenso waren meine Mitstreiter Daniela und Georg tolle Reisegefährten, ohne die ich allein diese Reise wohl nicht angetreten hätte.